CSR, ESG, CSRD, ESRS, EU Taxonomie könnten auch Phrasen aus dem Song ‚Mit freundlichen Grüßen‘ der Fantastischen Vier sein. Diese Abkürzungen hängen alle zusammen, aber haben dennoch sehr unterschiedliche Bedeutungen. Doch was genau verbirgt sich hinter diesen Begriffen? Und wie verknüpft sich die EU-Taxonomie mit anderen regulatorischen Maßnahmen und Konzepten?
In diesem Blogbeitrag werden wir uns auf eine Reise durch die Welt der Taxonomie Verordnung begeben. Dabei liegt der Fokus auf der EU Taxonomie und wie diese mit der CSRD (Corporate Sustainability Reporting Directive) zusammenhängt.
Grundlagen der EU-Taxonomie
Eine ‚Taxonomie‘ ist ein einheitliches Verfahren mit dem Objekte nach bestimmten Kriterien klassifiziert werden und in in Kategorien eingeordnet werden können. Die EU-Taxonomie ist mehr als nur ein weiterer Begriff im Wirrwarr der Finanz- und Nachhaltigkeitsterminologie. Sie bildet das Fundament für eine nachhaltige Finanzwirtschaft in Europa und legt die Kriterien fest, nach denen Aktivitäten als umweltfreundlich eingestuft werden können.
Was ist die EU Taxonomie?
Die EU Taxonomie ist ein Klassifikationssystem, das entwickelt wurde, um festzulegen, welche Wirtschaftsaktivitäten als ökologisch nachhaltig gelten können. Das Hauptziel dieses Systems ist es, Finanzströme und Investitionen in nachhaltige Projekte und Aktivitäten zu lenken, indem klare und verbindliche Kriterien für die Umweltverträglichkeit festgelegt werden. Es dient als Leitfaden für Unternehmen und Investoren, um sicherzustellen, dass sie in Übereinstimmung mit den Nachhaltigkeitszielen wie dem European Green Deal der EU handeln. Dabei können Unternehmen bis zu 100 Punkte erzielen je nachdem wie stark ihre Geschäftsaktivitäten mit der Taxonomie übereinstimmen.
Geschichte und Entwicklung der EU Taxonomie
Die Idee einer Taxonomie für nachhaltige Finanzen in Europa entstand als Antwort auf die wachsende Erkenntnis, dass der Finanzsektor eine entscheidende Rolle bei der Umsetzung der globalen und europäischen Umwelt- und Nachhaltigkeitsziele spielt.
Die EU Taxonomie wurde als Teil des Aktionsplans für die Finanzierung nachhaltigen Wachstums der Europäischen Kommission eingeführt, der 2018 vorgestellt wurde. Seitdem hat sie mehrere Entwicklungsstufen durchlaufen, wobei Stakeholder, Experten und politische Entscheidungsträger zusammenarbeiten, um ein robustes und effektives System zu schaffen.
Die EU-Taxonomie hängt mit dem CSR-Richtlinie-Umsetzungsgesetz (CSR-RUG) zusammen, was die deutsche Implementierung der EU Vorgaben zur Non-Financial Reporting Directive (NFRD) darstellt. Zudem liefert die Taxonomie das Klassifikationssystem, das im Rahmen der Sustainable Finance Disclosure Regulation (SFDR) und der CSRD angewandt wird.
EU Taxonomie 2023: Was gibt es Neues?
Am 13. Juni 2023 hat die EU Kommission ein neues Maßnahmenpaket vorgelegt, das auf den Grundlagen des EU-Rahmens für nachhaltige Finanzen aufbauen und diese stärken soll. Sie hat grundsätzlich eine neue Reihe von EU-Taxonomiekriterien für Wirtschaftstätigkeiten genehmigt, die einen wesentlichen Beitrag zu einem oder mehreren der nicht klimabezogenen Umweltziele leisten:
- Nachhaltige Nutzung und Schutz der Wasser- und Meeresressourcen,
- Übergang zu einer Kreislaufwirtschaft,
- Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung,
- Schutz und Wiederherstellung der biologischen Vielfalt und der Ökosysteme.
Ergänzend dazu wurden Änderungen an der EU-Taxonomie vorgenommen zur Eindämmung des Klimawandels sowie der Anpassung an neue klimatische Bedingungen. Die Aufnahme von mehr Wirtschaftstätigkeiten, die alle sechs Umweltziele abdecken, und folglich von mehr Wirtschaftssektoren und Unternehmen wird die Nutzbarkeit und das Potenzial der EU-Taxonomie bei der Ausweitung nachhaltiger Investitionen in der EU erhöhen. Weitere informationen finden Sie in dem Factsheet ‚Nachhaltiges Finanzwesen‘ der EU-Kommission.
Relevanz der EU Taxonomie im europäischen Kontext
In Europa, steigt der Druck auf Unternehmen und Finanzinstitutionen, nachhaltiger und transparenter zu agieren. Die EU Taxonomie (EU Tax-VO) bietet hierfür eine einheitliche Sprache und einen klaren Rahmen. Sie hilft dabei, „Greenwashing“ – das Vortäuschen von Umweltfreundlichkeit – zu vermeiden und stellt sicher, dass Investitionen tatsächlich einen positiven ökologischen Einfluss haben. In einem Kontinent, der sich zum globalen Vorreiter in Sachen Nachhaltigkeit entwickeln möchte, spielt die EU Tax-VO eine zentrale Rolle, um Klarheit, Vertrauen und Glaubwürdigkeit im grünen Finanzmarkt zu schaffen.
Hauptelemente und Schlüsselaspekte der EU-Taxonomie-Verordnung
Der Hauptzweck der Verordnung besteht darin, eine klare und konsistente Grundlage für die Definition von Nachhaltigkeit zu schaffen und sicherzustellen, dass Investitionen, die als „grün“ oder „nachhaltig“ gekennzeichnet sind, tatsächlich solche Kriterien erfüllen.
Die EU-Taxonomie-Verordnung ist komplex und detailliert, doch vier Hauptelemente stechen hervor:
- Definition von ökologisch nachhaltigen Aktivitäten: Die Verordnung definiert, welche Wirtschaftsaktivitäten als ökologisch nachhaltig betrachtet werden können, basierend auf festgelegten Kriterien.
- Sechs Umweltziele: Die Verordnung identifiziert 6 Umweltziele, die eine Aktivität erfüllen muss, um als nachhaltig eingestuft zu werden. Dazu gehören u.a. der Klimaschutz und der Schutz der Wasser- und Meeresressourcen.
- Technische Screening-Kriterien: Für jede nachhaltige Aktivität werden spezifische technische Kriterien festgelegt, die bestimmen, ob und inwieweit diese Aktivität zu den Umweltzielen beiträgt.
- Berichtspflichten: Unternehmen und Finanzinstitute müssen offenlegen, inwieweit ihre Aktivitäten und Investitionen mit der EU-Taxonomie im Einklang stehen.
Welche Unternehmen sind von der EU-Taxonomie Berichtspflicht betroffen?
Seit dem 1. Januar 2022 für das Geschäftsjahr 2021 ist die EU Tax-VO in Kraft. Folgende Unternehmen sind von der EU-Taxonomy betroffen:
- Kapitalmarktorientierte Unternehmen (die einen nichtfinanziellen Unternehmensbericht nach der Non-Financial Reporting Directive (NFRD) veröffentlichen müssen)
- Finanzmarktteilnehmer (z.B. Banken und Versicherungen)
Mit dem schrittweisen Inkrafttreten der Corporate Sustainability Reporting Directive ab dem Jahr 2024 werden zunehmend mehr Unternehmen von der Taxonomie-Verordnung betroffen sein und sind verpflichtet Nachhaltigkeitsberichte zu veröffentlichen (Art. 8 Abs. 1 EU Tax-VO). Von der CSRD betroffen sind alle „großen Unternehmen“, kapitalmarktorientierte kleine und mittelständische Unternehmen (KMUs), sowie unter gewissen Umständen auch nichteuropäische Unternehmen.
Die EU-Taxonomie und welche Unternehmen davon betroffen sind wird in folgendem Video kurz erklärt:
Was muss konkret berichtet werden?
- Umsatzerlöse: Der Anteil Geschäftsumsätze aus ökologisch nachhaltig klassifizierten (“taxonomiekonformen“) Wirtschaftstätigkeiten im Verhältnis zum Gesamtumsatz des Unternehmens.
- Investitionsausgaben (CapEx): Anteil der „nachhaltigen“ Investitionen gemessen an den Gesamtinvestitionen des Unternehmens. Als nachhaltig gelten (i) Investitionen in Prozesse und Vermögenswerte aus taxonomiekonformen Wirtschaftstätigkeiten; (ii) Ausgaben für die geplante Ausweitung solcher ‚grünen‘ Wirtschaftstätigkeiten; und (iii) Ausgaben für Wirtschaftstätigkeiten und Einzelmaßnahmen, mit dessen Leistung eine Dekarbonisierung oder Treibhausgasminderung innerhalb von 1,5 Jahren umgesetzt werden kann.
- Betriebsaufwand (OpEx): Der Anteil der taxonomie-konformen Betriebsausgaben (inkl. Ausbildungskosten und F&E) analog den ’nachhaltigen CapEx‘ im Verhältnis zu den direkten Betriebsausgaben (F&E; Gebäuderenovierung; kurzfristige Vermietung; Wartung & Reparaturen; laufende Instandhaltung des Sachanlagevermögens).
Wie Unternehmen ihre Konformität sicherstellen können
- Interne Überprüfung: Unternehmen sollten interne Prozesse etablieren, um sicherzustellen, dass ihre Aktivitäten den Kriterien der EU-Taxonomie entsprechen.
- Externe Berater: Die Einbindung von externen Experten oder Beratungsfirmen kann helfen, die Einhaltung dieser neuer Regularien zu gewährleisten und sicherzustellen, dass die Berichterstattung den Anforderungen entspricht.
- Schulung und Bildung: Es ist wichtig, dass sowohl Führungskräfte als auch Mitarbeiter über die EU Verodnung und ihre Implikationen informiert sind, um eine korrekte Berichterstattung zu gewährleisten.
Ab wann gilt die EU Taxonomie?
Eines der häufigsten Missverständnisse in Bezug auf die EU Tax-VO ist die Annahme, dass sie sofort und vollständig für alle Unternehmen gilt. Tatsächlich wurde die Implementierung schrittweise vorgesehen, um Unternehmen die notwendige Zeit zur Anpassung zu geben.
Zeitleiste der Taxonomie Implementierung und Anwendung
- Einführung und Verabschiedung: Die EU Taxonomie-Verordnung wurde im Juni 2020 verabschiedet und stellt den rechtlichen Rahmen für die zukünftige Entwicklung der Taxonomie dar.
- Technische Screening-Kriterien: Nach der Verabschiedung der Verordnung begann die Arbeit an den technischen Screening-Kriterien für verschiedene Wirtschaftsaktivitäten, um festzulegen, welche als ökologisch nachhaltig gelten können.
- Erste verbindliche Anwendung: Seit 2022 müssen Unternehmen erstmalig berichten, inwieweit ihre Aktivitäten den Kriterien der EU Taxonomie entsprechen. Dies bezieht sich insbesondere auf die Ziele des Klimaschutzes und der Anpassung an den Klimawandel. Für die Berichterstattung zu den Klimazielen wurde ein Übergangszeitraum eingerichtet, der es Unternehmen ermöglicht, schrittweise alle Anforderungen zu erfüllen. Dieser Zeitraum dauert seit 2022 bis Ende 2023.
- Erweiterung der Taxonomie: Seit 2023 wird die Taxonomie erweitert, um weitere vier umweltbezogene Ziele abzudecken: nachhaltige Nutzung und Schutz von Wasser- und Meeresressourcen, Übergang zu einer kreislauforientierten Wirtschaft, Vermeidung und Verminderung von Umweltverschmutzung und Schutz und Wiederherstellung der Biodiversität und Ökosysteme.
Vollständige Anwendung: Bis Ende 2023 sollten alle betroffenen Unternehmen ihre Berichterstattung und Geschäftspraktiken vollständig an die Taxonomie-Verordnung angepasst haben, einschließlich der zusätzlichen umweltbezogenen Ziele.
Zusammenhang zwischen CSRD und EU Taxonomie
Das Thema Nachhaltigkeit in der Unternehmenswelt ist ohne Zweifel komplex, und Instrumente wie die EU Taxonomie und die Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) spielen eine entscheidende Rolle dabei, Klarheit und Einheitlichkeit in diesen Bereich zu bringen. Ein Hauptmerkmal der CSRD stellt dabei die doppelte Wesentlichkeit dar. Aber wie hängen diese beiden Instrumente genau zusammen? Und was bedeutet das für Unternehmen in Europa?
Während die EU-Taxonomie ein Klassifikationssystem bietet, um festzulegen, was als ökologisch nachhaltige Wirtschaftsaktivität gilt, stellt die CSRD sicher, dass Unternehmen transparent über diese Aktivitäten berichten. In gewisser Weise arbeiten sie Hand in Hand:
- Einheitliche Kriterien: Die CSRD verweist auf die Kriterien der EU-Taxonomie, wenn es darum geht, wie Unternehmen über ihre ökologisch nachhaltigen Aktivitäten berichten sollten. Demnach müssen CSRD-konforme Unternehmen die oben genannten Kennzahlen in ihren Nachhaltigkeitsbericht mit aufnehmen.
- Vermeidung von Greenwashing: Mit der Kombination aus CSRD und EU-Taxonomie wird sichergestellt, dass Unternehmen nicht nur korrekt über ihre grünen Aktivitäten berichten, sondern diese auch tatsächlich den festgelegten Kriterien entsprechen. Siehe dazu auch unsere Green Claims Checkliste.
Quellen und weiterführende Informationen
Für diejenigen, die tiefer in das Thema EU Taxonomie eintauchen möchten, gibt es eine Vielzahl von Ressourcen, die sowohl einen allgemeinen Überblick als auch spezifische Details bieten.
- Wikipedia: Ein guter Anfangspunkt für einen umfassenden Überblick über die EU Taxonomie ist der Wikipedia-Artikel. Hier finden Sie eine detaillierte Beschreibung der Taxonomie, ihrer Geschichte und dem Inhalt der Verordnung.
- Offizielle EU-Ressourcen: Die Europäische Kommission hat auf ihrer Website umfangreiche Informationen zur EU Taxonomie, einschließlich offizieller Dokumente, FAQs, einem Taxonomie Kalkulator und technischer Leitlinien. Ein Besuch lohnt sich für alle, die tiefer in die Materie eintauchen möchten.
- Fachliteratur und Studien: Zahlreiche Fachveröffentlichungen, Studien und Whitepapers behandeln die EU Taxonomie, ihre Auswirkungen auf den Markt und die Herausforderungen bei ihrer Implementierung.
- Webinare und Seminare: Viele Organisationen, Beratungsfirmen und Universitäten bieten Schulungen und Informationsveranstaltungen zu dieser Taxonomie-Verordnung an. Dies ist eine ausgezeichnete Möglichkeit, von Experten zu lernen und sich mit anderen Interessierten auszutauschen.
Fazit und Ausblick
Die Einführung und Implementierung der EU Taxonomie markiert einen Wendepunkt in Europas Streben nach einer nachhaltigeren und ökologisch verantwortungsvolleren Wirtschaft. Durch ihre klaren Kriterien und ihre Vision setzt die Taxonomie Standards, an denen sich Unternehmen, Investoren und Verbraucher:innen orientieren können.
- Zusammenfassung der Hauptpunkte: Die EU Taxonomy bietet einen Rahmen, um zu definieren, was ökologisch nachhaltige Wirtschaftsaktivitäten sind, sie legt klare Berichtspflichten fest und hilft, den Weg für eine grünere Wirtschaft in Europa zu ebnen.
- Bedeutung für die Zukunft: Die Implementierung der Taxonomie wird zweifellos Herausforderungen mit sich bringen, aber ihr langfristiger Wert ist unbestreitbar. Sie wird nicht nur dazu beitragen, Europas Wirtschaft zu transformieren, sondern sie könnte auch als Vorbild für andere Regionen dienen, die ähnliche Ziele verfolgen. In einer Welt, die mit den Auswirkungen des Klimawandels und der Umweltverschmutzung konfrontiert ist, stellt die EU Taxonomie einen hoffnungsvollen Schritt in Richtung einer nachhaltigeren Zukunft dar.