Wesentlichkeitsanalyse Leitfaden: Änderungen der EFRAG

Wesentliche Änderungen des Wesentlichkeitsanalyse Leitfaden

Was ist der Wesentlichkeitsanalyse Leitfaden (IG 1)?

Die EFRAG stellt Organisationen wertvolle Hilfestellungen zur Umsetzung der Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) bzw. der European Sustainability Reporting Standards (ESRS) zur Verfügung. Eine dieser CSRD Hilfestellung ist der Wesentlichkeitsanalyse Leitfaden (Implementation Guidance: Materiality Assessment).

Der Leitfaden bietet Organisationen eine Schritt-für-Schritt Anleitung zur Durchführung der Wesentlichkeitsanalyse sowie Hinweise zur Einbindung von Stakeholdern und es werden häufig gestellte Fragen beantwortet.

Was Sie wissen über die Änderungen wissen müssen

Im Mai 2024 hat die EFRAG die endgültige Version der Implementation Guidance (IG 1) zur Durchführung der doppelten Wesentlichkeitsanalyse veröffentlicht. Nach umfangreicher öffentlicher Konsultation und zahlreichen Rückmeldungen wurden wesentliche Änderungen gegenüber dem Entwurf (vom Dezember 2023) vorgenommen. In diesem Blogbeitrag stellen wir die bedeutendsten Änderungen des Wesentlichkeitsananalyse Leitfaden vor und erklären, warum sie so wichtig sind.

Die wichtigsten Änderungen zum Wesentlichkeitsanalyse Leitfaden

1. Neue Sektion zu Wesentlichkeit auf Gruppen- und Tochtergesellschaftsebene

Eine der bedeutendsten Änderungen ist die Einführung der neuen Sektion 3.6.3 “Überlegungen für Gruppen und Tochtergesellschaften”. Diese Sektion bietet klare Richtlinien, wie wesentliche Themen, die auf Tochtergesellschaftsebene identifiziert wurden, in die Wesentlichkeitsanalyse auf Gruppenebene einfließen sollen. Dies stellt sicher, dass die Beurteilungen auf Gruppenebene umfassend und kohärent sind.

Das Mutterunternehmen kann seine Wesentlichkeitsbewertung mit verschiedenen oder einer hybriden Kombination aus folgenden zwei Ansätzen durchführen:

  1. Top-Down-Ansatz, bei dem eine Bewertung auf Konzernebene durchgeführt wird, wobei die Tochterunternehmen einbezogen oder konsultiert werden, auch um die notwendigen Informationen zu erhalten; und/oder
  2. Bottom-Up-Ansatz, bei dem eine Bewertung auf der Ebene der Tochterunternehmen durchgeführt wird und die Ergebnisse auf Konzernebene konsolidiert werden.

Es gibt auch eine hybride Option. Dabei ist der Ausgangspunkt die Ermittlung der Auswirkungen, die in der gesamten Gruppe gemeinsam sind (Top-Down)und dann der Bottom-Up-Ansatz für Auswirkungen, die für eine oder mehrere Tochtergesellschaften spezifisch sind. Diese werden anhand der Schwellenwerte auf Konzernebene bewertet.

Details dazu finden Sie im IG 1 Seite 32 (Sektion 3.6.3) und Seite 46 (FAQ 13).

2. Klarstellung zu objektiven und unterstützbaren Nachweisen

Ein weiterer wichtiger Aspekt des Wesentlichkeitsanalyse Leitfaden der EFRAG ist die Klarstellung, was als objektiver und unterstützbarer Nachweis gilt. Diese Klarstellung wurde vorgenommen, um sicherzustellen, dass die Wesentlichkeitsanalysen auf verlässlichen und überprüfbaren Daten basieren. Dies erhöht die Glaubwürdigkeit und Zuverlässigkeit der Wesentlichkeitsanalysen und trägt dazu bei, dass Entscheidungen auf soliden Beweisen basieren. Dadurch wird die Qualität der Nachhaltigkeitsberichterstattung insgesamt verbessert.

Wissenschaftliche Nachweise und quantitative Messungen der IROs sind ein objektiver Nachweis ihrer Wesentlichkeit. Es wird jedoch anerkannt, dass qualitative Informationen oft wertvoll sind, um die Wesentlichkeitsbewertung zu untermauern, einschließlich Informationen von betroffenen Stakeholdern. Qualitative Informationen können relevanten Kontext für das Verständnis quantitativer Maßnahmen liefern.

Details dazu finden Sie im IG 1 Seite 9 (Paragraph 28) und Seite 44 (FAQ 10).

3. Klärung der Architektur der ESRS

Die finale Version enthält wichtige Klarstellungen zur Architektur der ESRS, insbesondere hinsichtlich der Einbeziehung von nicht-ESRS-Nachhaltigkeitsinformationen in die Nachhaltigkeitserklärung. Diese Klarstellungen beseitigen potenzielle Widersprüche und ermöglichen es Unternehmen, zusätzliche, relevante Informationen (z.B. aus den SASB und GRI Standards) in ihre Berichte aufzunehmen. Dies trägt dazu bei, dass die Berichte vollständiger und kontextreicher werden und Unternehmen die Flexibilität haben, umfassendere Nachhaltigkeitsinformationen zu veröffentlichen.

Details dazu finden Sie im IG 1 Seite 9 (Paragraph 25).

4. Berücksichtigung von Minderung, Wiedergutmachung und Präventionsmaßnahmen

Grundsätzlich werden die Umweltauswirkungen bei der Wesentlichkeitsprüfung vor allen Abhilfemaßnahmen in der Wesentlichkeitsbewertung berücksichtigt.

Hierzu wurde in der finalen Version die Terminologie und der Anwendungsbereich von Minderung, Wiedergutmachung und Präventionsmaßnahmen („Mitigation“) überarbeitet. Die Begriffe “Brutto-” und “Nettoauswirkungen” wurden durch “vor Minderung”, “Wiedergutmachung” oder “Präventionsmaßnahmen” ersetzt.

Details dazu finden Sie im IG 1 Seite 54 (FAQ 23).

5. Besonderer Hinweis auf Überlegungen zur Governance

Verwaltungs-, Management- und Aufsichtsorgane (AMB) des Unternehmens müssen über die wesentlichen Auswirkungen, Risiken und Chancen (IROs) informiert werden (ESRS 2 Paragraph 26a). Dies beinhaltet, dass die wesentlichen IROs bei der Überwachung der Strategie und den Risikomanagementprozess des Unternehmens berücksichtigt sollten.

Hierzu gibt es in der finalen Version keine Änderung zum IG 1 Entwurf, jedoch wurde der auf Seite 24 (Sektion 3.3) und Seite 26 (Paragraph 100) der direkte Verweis auf die  ESRS 2 GOV gemacht.

6. Einbeziehung zusätzlicher Quellen für die Wesentlichkeitsanalyse

Der finale Wesentlichkeitsanalyse Leitfaden wurde um zusätzliche Quellen und Werkzeuge ergänzt, die bei der Wesentlichkeitsanalyse verwendet werden können. Hierzu zählen beispielsweise die GRI-Standards und die ISSB-Standards, die eine umfassendere und fundiertere Analyse ermöglichen. Diese Ergänzung ermöglicht Unternehmen von bewährten Rahmenwerken und Best Practices zu profitieren, was letztlich zu qualitativ hochwertigeren und besser abgestimmten Nachhaltigkeitsberichten führt.

Details dazu finden Sie im IG 1 Seite 35 (Sektion 4.1) und Seite 38 (Sektion 4.4).

Wesentlichkeitsanalyse Vorlage

Dieses Excel Template zur Durchführung der doppelten Wesentlichkeitsanalyse führt Sie Schritt-für-Schritt durch den Prozess und erstellt automatisiert Ihre Wesentlichkeitsmatrix.

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Weitere relevante Ergänzungen im Wesentlichkleitsanalyse Leitfaden

Es gibt keine Mindest- (oder Höchst-) Anzahl von wesentlichen Nachhaltigkeitsaspekten, die von den ESRS vorgeschrieben sind, da die Wesentlichkeit von den spezifischen Fakten und Umständen des Unternehmens abhängt. 

Die Wesentlichkeitsanalyse sollte sich so weit wie möglich auf objektive Daten und Belege stützen. Bei der Beurteilung der Wesentlichkeit eines Nachhaltigkeitsaspekts gibt es keinen Konflikt zwischen
der Berücksichtigung von Meinungen betroffener Stakeholder und objektiven Nachweisen. Der Zweck von beidem ist es ein Verständnis für die Schwere (und Wahrscheinlichkeit) der Auswirkungen zu erlangen, um sie in der Nachhaltigkeitserklärung darzustellen. Je nach den Umständen kann die Einbeziehung der betroffenen Interessengruppen erforderlich sein oder auch nicht.

Fazit zu den Änderungen im Wesentlichkeitsanalyse Leitfaden

Die vorgenommenen Änderungen im Wesentlichkeitsanalyse Leitfaden (IG1) reflektieren das umfangreiche Feedback aus der öffentlichen Konsultation und zielen darauf ab, die Verständlichkeit, Anwendbarkeit und Qualität der Anleitung zu verbessern. Diese Anpassungen helfen Unternehmen, ihre Wesentlichkeitsanalysen präziser und fundierter durchzuführen und dadurch eine höhere Qualität und Kohärenz in der Nachhaltigkeitsberichterstattung zu erreichen.

Sie ist nicht nur das Herzstück der CSRD, die doppelte Wesentlichkeitsanalyse ist ein wichtiges strategisches Tool für die künftige Überlebensfähigkeit von Unternehmen.