Die Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) verpflichtet knapp 50.000 Unternehmen in Europa neben dem Finanzbericht einen jährlichen Nachhaltigkeitsbericht zu veröffentlichen. Während viele EU-Länder (inkl. Frankreich, Italien und Österreich) die Richtlinie bereits in nationales Recht umgesetzt haben, hinkt Deutschland hinterher. Bis heute (23.01.2024) ist das entsprechende Gesetz in der Bundesrepublik noch nicht verabschiedet.
Diese Verzögerung sorgt für erhebliche Unsicherheit bei Unternehmen. Besonders das Pushback der deutschen Regierung gegenüber der EU – etwa in Bezug auf die Anforderungen an die doppelte Wesentlichkeit und die strengen Berichtsstandards der ESRS – hat die Lage weiter verkompliziert. Viele Unternehmen fragen sich: Welche Regeln gelten ab 2025 wirklich, und wie bereite ich mich darauf vor?
Inmitten dieser Unklarheit ist es entscheidend, den Überblick zu behalten. Dieser Artikel bietet Ihnen Orientierung und zeigt, wie Sie sich trotz der Unsicherheiten optimal auf die CSRD und ihre Umsetzung in Deutschland vorbereiten können. Denn eines ist klar: Die Berichtspflichten kommen – und wer jetzt handelt, verschafft sich einen klaren Vorteil.
Was ist die CSRD und wieso ist sie wichtig?
Die CSRD ist eine EU-weite Richtlinie, die die Nachhaltigkeitsberichterstattung für Unternehmen revolutioniert. Sie ersetzt die bisherige Non-Financial Reporting Directive (NFRD) und führt umfassendere und detailliertere Anforderungen ein.
Die zentralen Ziele der CSRD
- Einheitliche Berichtsstandards: Mit den Nachhaltigkeitsberichtsstandards (ESRS) schafft die CSRD einen klaren Rahmen für Umwelt-, Sozial- und Governance-Themen (ESG).
- Doppelte Wesentlichkeit: Unternehmen müssen nicht nur die Auswirkungen ihres Handelns auf Umwelt und Gesellschaft, sondern auch die finanziellen Auswirkungen nachhaltigkeitsbezogener Risiken im Ramen einer doppelten Wesentlichkeitsanalyse identifizieren und offenlegen.
- Transparenz für Investoren und Stakeholder: Die CSRD soll sicherstellen, dass Investoren, Kunden, Lieferanten und andere Interessengruppen relevante Informationen erhalten, um nachhaltige Entscheidungen zu treffen.
Timeline der CSRD-Umsetzung in Deuschland
Die CSRD-Umsetzung in Deutschland ist ein Prozess, der bisher von Verzögerungen und Unsicherheiten geprägt ist. Obwohl die EU klare Vorgaben gemacht hat, hat Deutschland Umsetzung in nationales Recht noch nicht vollzogen. Hier die wichtigsten Ereignisse in chronologischer Reihenfolge:
CSRD-Umsetzung in Deutschland: Bis Juli 2024
1. Verabschiedung der CSRD auf EU-Ebene (November 2022)
Die EU hat die CSRD offiziell verabschiedet, mit dem Ziel, die Nachhaltigkeitsberichterstattung für Unternehmen umfassend zu standardisieren. Die Richtlinie trat am 5. Januar 2023 in Kraft, und die Mitgliedsstaaten wurden verpflichtet, sie bis spätestens 6. Juli 2024 in nationales Recht umzusetzen.
2. Deutscher Referentenentwurf zur CSRD-Umsetzung (März 2024)
Bereits im März 2024 wurde ein Referentenentwurf des deutschen CSRD-Umsetzungsgesetz veröffentlicht, der jedoch nicht offiziell veröffentlicht wurde. Dieser Entwurf deutete darauf hin, dass Deutschland die Anforderungen der EU-Richtlinie 1:1 übernehmen wollte, ohne spezifische Anpassungen oder Erleichterungen für Unternehmen vorzusehen. Dieser Ansatz wurde von Wirtschaftsverbänden stark kritisiert, da er die ohnehin komplexen Berichtspflichten der ESRS vollständig übernommen hätte.
3. Verzögerung der Umsetzung in Deutschland (Juli 2024)
Die deutsche Regierung verpasste die gesetzliche Frist zur nationalen Umsetzung, die am 6. Juli 2024 verstrichen ist. Dies führte zu wachsender Unsicherheit bei Unternehmen, die ab dem Berichtsjahr 2025 erstmals die neuen Anforderungen erfüllen müssen.
4. Regierungsentwurf zur deutschen CSRD-Umsetzung (Juli 2024)
Am 24. Juli 2024 veröffentlichte das Bundesministerium für Justiz (BMJ) einen Regierungsentwurf zur CSRD-Umsetzung in Deutschland. Dieser Entwurf sah die nahezu vollständige Übernahme der europäischen CSRD-Vorgaben in deutsches Recht vor, einschließlich der ESRS. Dabei wurden nur wenige Anpassungen an nationale Gegebenheiten vorgenommen.
CSRD-Umsetzung in Deutschland: Ab Juli 2024
5. EU veröffentlicht aktualisierte deutschen Übersetzung der CSRD (August 2024)
Im August 2024 wurde im EU-Amtsblatt eine Berichtigung zur deutschen Fassung der CSRD veröffentlicht. Diese Berichtigung klärte sprachliche Ungenauigkeiten in der ursprünglichen Übersetzung der Richtlinie. Dabei wurden insbesondere die Begriffe und Anforderungen zur doppelten Wesentlichkeit sowie die Berichterstattungspflichten genauer definiert. Die Berichtigung zielte darauf ab, Missverständnisse in der praktischen Anwendung zu vermeiden und den deutschen Unternehmen mehr Klarheit zu bieten.
6. EU kündigt Omnibus-Initiative zur Vereinfachung von Berichtspflichten an (November 2024)
Im November 2024 kündigte die Europäischen Kommission in der Budapester Erklärung, die Einführung eines sogenannten “Omnibus-Pakets” an. Dieses Paket zielt darauf ab, die Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD), die Corporate Sustainability Due Diligence Directive (CSDDD) und die EU-Taxonomie zu konsolidieren, um die Berichtspflichten für Unternehmen zu vereinfachen und bürokratische Hürden abzubauen.
7. „Pushback“ der deutschen Regierung gegenüber der EU (Dezember 2024)
Die deutsche Regierung setzte sich offiziell bei der EU-Kommission dafür ein, die Anforderungen der CSRD zu vereinfachen. Sie forderte unter anderem:
- Eine Reduktion der ESRS Datenpunkte
- Maßnahmen gegen den „Trickle-Down“-Effekt entlang der Lieferkette, um KMU zu entlasten
- Eine Verschiebung der Berichterstattungspflichten um zwei Jahre
Was sollten deutsche Unternehmen jetzt tun?
Die Nicht-Umsetzung von EU-Richtlinien hat in der Regel erhebliche rechtliche und finanzielle Konsequenzen für Mitgliedsstaaten. Für Unternehmen bedeutet dies häufig Rechtsunsicherheit und zusätzlichen Aufwand. Frühzeitiges Handeln und die Orientierung an EU-Vorgaben sind daher empfehlenswert, insbesondere bei Richtlinien wie der CSRD, die weitreichende Auswirkungen auf Unternehmen haben.
Deutsche Unternehmen sollten sich trotz der verzögerten nationalen Umsetzung der CSRD aktiv auf die neuen Anforderungen vorbereiten. Da die Europäischen Nachhaltigkeitsberichtsstandards (ESRS) bereits verabschiedet sind, bieten sie eine klare Grundlage für die Berichterstattung.
Wie Sie sich trotz fehlender CSRD-Umsetzung in Deutschland vorbereiten können
Unternehmen sollten sich in erster Linie auf sogenannte ‚No Regret Moves‘ fokussieren. „No Regret Moves“ sind risikolose, vorausschauende Maßnahmen, die Unternehmen helfen, die Unsicherheiten rund um die CSRD-Umsetzung in Deutschland zu meistern. Sie schaffen nicht nur künftige Compliance, sondern fördern auch Effizienz, Transparenz und Wettbewerbsfähigkeit – unabhängig von der endgültigen Umsetzung der Richtlinie. Dazu empfehlen wir:
- Verantwortlichkeit klären: Sofern noch nicht geschehen, definieren Sie welche Personen und Teams die Verantwortung und Schlüsselrollen bei der Nachhaltigkeitsberichterstattung übernehmen sollen.
- Doppelte Wesentlichkeitsanalyse durchführen: Die DWA bietet Unternehmen langfristig und unabhängig von gesetzlichen Änderungen Vorteile. Sie schafft die Grundlage für fundierte nachhaltige Entscheidungen und strategisches Handeln, unabhängig davon, wie sich regulatorische Anforderungen entwickeln. Zudem ist die Wesentlichkeitsanalyse das Herzstück der CSRD und somit kaum vorstellbar, dass die DWA in der Omnibus Initiative nicht mehr relevant sein wird.
Um die DWA möglichst kosten- und zeiteffizient durchzuführen empfehlen wir dieses Wesentlichkeitsanalyse Excel Template oder die Nutzung der Materiality Master Software. - Vereinfachten CSRD-(Test-)Bericht verfassen: Die EFRAG hat neben den umfassenden CSRD-Berichtspflichten auch eine vereinfachte und freiwillige CSRD-Richtlinie veröffentlicht: Der ESRS VSME-Standard. Diese stark abgeschwächte Variante wurde in einem VSME-Update im Dezember 2024 finalisiert und ist in zwei Module unterteilt und verlangt von Unternehmen nur eine sehr überschaubare Anzahl an Datenpunkten zu veröffentlichen.
ESRS VSME Berichtsvorlage
Vorlage eines CSRD-konformen VSME Nachhaltigkeitsberichts im Word Format die sie selbständig befüllen können. Zudem erhalten Sie eine Schritt-für-Schritt Anleitung mit Tipps.
Mehr erfahren
Es ist empfehlenswert, die CSRD News in den kommenden Monaten weiter zu verfolgen, Nachhaltigkeits-Podcasts zu hören, Webinare verfolgen und möglicherweise auch CSRD-Trainings zu absolvieren, um die Entwicklung zur CSRD-Umsetzung in Deutschland nicht zu verpassen.
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Chancen für Unternehmen auch ohne CSRD-Umsetzung in Deutschland
Die Vorbereitung auf die CSRD, trotz der fehlenden Umsetzung in deutsches Recht, bietet bedeutende Chancen für Unternehmen. Wer die Anforderungen strategisch nutzt, kann sich Wettbewerbsvorteile verschaffen und langfristig profitieren.
- Verbesserung der Transparenz und Glaubwürdigkeit
- Eine strukturierte Nachhaltigkeitsberichterstattung schafft Vertrauen bei Stakeholdern.
- Unternehmen, die ihre Nachhaltigkeitsleistung offenlegen, heben sich positiv von der Konkurrenz ab und stärken ihre Reputation.
- Wettbewerbsvorteile auf dem Markt
- Attraktivität für Investoren: ESG-konforme Unternehmen werden zunehmend bevorzugt, da nachhaltige Investitionen als zukunftssicher gelten.
- Kundenbindung: Verbraucher legen immer mehr Wert auf nachhaltige Produkte und Dienstleistungen. Transparente Berichterstattung kann ein entscheidender Kaufanreiz sein.
- Effizienzsteigerung durch systematische Datenanalysen
- Die Erhebung und Analyse von Nachhaltigkeitsdaten ermöglicht eine bessere Identifikation von Optimierungspotenzialen in Prozessen, Lieferketten und Ressourcennutzung.
- Unternehmen können so Kosten senken und gleichzeitig ihre Umweltbilanz verbessern.
- Frühzeitige Anpassung an regulatorische Entwicklungen
- Unternehmen, die bereits jetzt die CSRD-Anforderungen umsetzen, sind künftigen gesetzlichen Anpassungen einen Schritt voraus.
- Eine proaktive Herangehensweise minimiert Risiken und vermeidet hohe Kosten durch Nachbesserungen oder Sanktionen.
- Stärkung der Innovationskraft
- Die Auseinandersetzung mit nachhaltigen Themen fördert die Entwicklung innovativer Produkte, Geschäftsmodelle und Technologien.
- Nachhaltigkeit wird zunehmend als Wettbewerbstreiber wahrgenommen und eröffnet neue Geschäftsfelder, z. B. in der Kreislaufwirtschaft oder erneuerbaren Energien.
- Zugang zu Förderungen und Partnerschaften
- Viele Förderprogramme auf nationaler und EU-Ebene richten sich an Unternehmen, die sich aktiv für Nachhaltigkeit einsetzen.
- Eine glaubwürdige Nachhaltigkeitsstrategie erhöht die Chancen auf Partnerschaften mit gleichgesinnten Akteuren und öffnet Türen zu neuen Märkten.
Fazit
Für deutsche Unternehmen sind die Unsicherheiten aufgrund der verzögerten nationalen Umsetzung zwar eine Hürde, dennoch ist frühzeitiges Handeln entscheidend. Wer sich bereits jetzt an den ESRS orientiert, kann sich nicht nur besser auf die Anforderungen vorbereiten, sondern auch strategische Vorteile sichern.
Die Schlüssel zu einer erfolgreichen Umsetzung liegen in:
- Frühzeitiger Planung: Die Einführung robuster Datenmanagementsysteme und die Durchführung einer Wesentlichkeitsanalyse schaffen eine solide Grundlage.
- Flexibilität: Unternehmen, die ihre Nachhaltigkeitsstrategie entwickeln, können schnell auf regulatorische Änderungen reagieren.
- Langfristiger Perspektive: Nachhaltigkeit ist nicht nur eine gesetzliche Verpflichtung, sondern auch eine Chance, Innovationskraft, Effizienz und Wettbewerbsfähigkeit zu steigern.
Die CSRD ist mehr als eine Richtlinie – sie ist ein Tool, um nachhaltiges Wirtschaften aktiv zu gestalten. Unternehmen, die die Herausforderungen annehmen, können eine Vorreiterrolle einnehmen und ihre Zukunftsfähigkeit stärken. Jetzt ist der richtige Zeitpunkt, um mit der Umsetzung zu beginnen und Nachhaltigkeit als strategisches Ziel zu verankern.